Pflichtteilsverzicht / Erbausschlagung und Sozialhilfeträger / Hartz IV-Bezieher

Auf Grund der jahrelangen Untätigkeit des Gesetzgebers im nachfolgenden Bereich, sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Sittenwidrigkeit bei Pflichtteilsverzichten eines behinderten Sozialleistungsbeziehers gegeben ist, und auch die Ausschlagung eines Hartz IV-Beziehers nicht als sittenwidrig gilt.

Der BGH hat in seinem Urteil vom 19.01.2011 (IV ZR 7/10) den Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsempfängers grundsätzlich für nicht sittenwidrig erachtet. Weiter wurde dadurch geklärt, dass der Sozialleistungsträger das Ausschla-gungsrecht nicht gem. § 93 I SGB XII auf sich überleiten könne.

Der behinderte Sozialleistungsbezieher muss daher nicht gem. § 2306 I BGB ausschlagen. Es eröffnet sich nunmehr sogar die Möglichkeit, dass der Behinderte sogar eine unbeschränkte Erbschaft ausschlagen kann, und mit dem Nächstberufenen eine Vereinbarung treffen kann, wonach er von diesem als Abfindung für die Ausschlagung Leistungen beziehen kann, die nicht auf die Sozialhilfeleistung anzurechnen sind und auch vom Sozialhilfeträger nicht übergeleitet werden können.

Somit wurden die ursprünglichen Entscheidungen des OLG Stuttgart vom 25.06.2001 und des OLG Hamm vom 16.07.2009 dahingehend revidiert, dass Ausschlagungen nicht mehr der Einwand der Sittenwidrigkeit entgegengehalten werden kann.

Auch in der einschlägigen juristischen Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Grundsätze des BGH-Urteils vom 19.01.2011 auch auf die Ausschlagung von Hartz IV-Empfängern übertragen werden kann. Der BGH hat in seinem Urteil dargelegt, dass es eine verfassungsrechtlich gewährleistete negative Erbfreiheit gibt. Aus diesem Grund kann eine Erbausschlagung nicht als sittenwidrig qualifiziert werden.