Pflichtteilsergänzungsansprüche und Abschmelzung

Durch die partielle Reformierung des Erbrechts wurden auch im Bereich der Pflichtteilsergänzung Änderung vorgenommen.

Eine der Änderungen ist, dass der Wert der Schenkung reduziert wird und zwar nach folgendem System:

Für jedes Jahr zwischen Schenkung und Erbfall wird der Wert der Schenkung um 10 % reduziert.

Dies bedeutet beispielsweise, dass wenn der Erblasser im Jahr 2005 eine Schenkung von 50.000,- € hingegeben hat, und im Jahr 2010 verstirbt, dass dann nur noch 50 % des Werts der Schenkung (5 x 10 %) zur Anwendung kommt, d. h., dass die Pflichtteilsergänzungsansprüche nur noch aus 25.000,- € berechnet werden.

Die Anwendung des „neuen Rechts“ betrifft alle Erbfälle, die ab dem 01.01.2010 eingetreten sind. Es kommt nicht für die Anwendung des neuen Rechts auf den Zeitpunkt der Schenkung an. Maßgeblich ist ausschließlich für die Anwendung des neuen Rechts der Zeitpunkt des Erbfalls.

Die Abschmelzung, d. h. die Reduzierung um jährlich 10 %, kommt allerdings nicht zur Anwendung, wenn es sich bei der Schenkung um eine Schenkung an den Ehepartner handelt.

Weiterhin kommt es nicht zur Abschmelzung, wenn der Erblasser eine Immobilie unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen hat.

Dies soll an folgendem Beispiel erläutert werden.

Der Erblasser überträgt im Jahr 2005 schenkungsweise eine seiner Immobilien an eines seiner Kinder. Die Immobilie hat einen Wert von 200.000,- €. Der Erblasser verstirbt im Jahr 2010. In diesem Fall wird für die Berechnung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen ein Betrag von 100.000,- € herangezogen.

Wenn der Erblasser allerdings im Jahr 2005 die Immobilie einem seiner Kinder geschenkt hat und sich den lebenslangen Nießbrauch dort zurückbehalten hat, d. h. dass er die Mieteinnahmen bekommt, dann kommt es nicht zur Abschmelzungsmethode, sondern dann kommt es dazu, dass der Wert des Nießbrauchs vom Schenkungswert abgezogen wird. Dies kann vorteilhaft sein, kann aber auch mit Nachteil verbunden sein. Wenn es nämlich zu einer Immobilie mit Nießbrauch übergeben wird, dann kommt es prinzipiell nicht zur Anwendung der Abschmelzung und zusätzlich kommt es nicht dazu, dass die 10-Jahresfrist angewandt wird.

Wenn der Erblasser bald nach der Schenkung verstirbt, ist der Nießbrauchsvorbehalt vorteilhaft, weil dann in vollem Umfang abgezogen wird, während wenn der Erblasser erst nach 10 oder 12 oder 15 Jahren verstirbt, die Immobilie weiterhin hinzugerechnet wird und nur der Nießbrauch abgezogen wird.

Es ist derzeit festzustellen, dass ca. 80 bis 90 % der derzeit vorgenommenen Immobilienüberlassungen diese Problematiken in keinster Weise berücksichtigen.

Grundstücksüberlassungen müssen daher immer mit erbrechtlichen Berechnungsmodellen verbunden werden.

Dem notwendigen notariellen Vertrag sollte daher eine erbrechtliche Beratung mit konkreter Berechnung vorausgehen.