Bei zahlreichen Erbfällen, bei denen es auch um die Regelung von Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüchen geht, wird die Berücksichtigung der latenten Steuerlast vergessen.
Bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen sind einerseits sämtliche Aktiva (Guthaben) auf der einen Seite zu berücksichtigen, das heißt die Immobilien, die Fahrzeuge, die Möbel und das Bankguthaben und auf der anderen Seite sämtliche Passiva (Verbindlichkeiten) wie Bestattungskosten, Darlehen, Wertermittlungskosten für Immobilien in Abzug gebracht werden, sodass sich dann daraus der Netto-Nachlass ergibt.
Bei der Berechnung der Nachlasspassiva (Nachlassverbindlichkeiten) müssen auch die latenten Steuerbelastungen mit eingestellt werden.
Unter latenter Steuerlast ist zu verstehen: Eine errechnete Steuer, die sich ergeben würde, wenn ein betrieblicher Nachlassgegenstand zum Zeitpunkt des Todes veräußert wird.
Bei einer Immobilie, die sich im Privatvermögen befindet und länger als zehn Jahre sich im Eigentum des Erblassers befunden hat, wird keine latente Steuerlast anfallen.
Wenn im Nachlass Wertpapiere sind, die der Erblasser schon länger als zwei Jahre hatte, wird sich auch keine latente Steuerlast ergeben.
Wenn allerdings im Nachlass eine Immobilie ist, auch, wenn sie nur privat genutzt wird, und wenn/oder wenn sich im Nachlass Wertpapiere befinden, die erst innerhalb von zwei Jahren vor dem Erbfall gekauft worden sind, muss eine latente Steuerlast errechnet werden.
Dies soll an folgendem Beispiel erläutert werden.
Der/die Erblasser/Erblasserin verstirbt im Jahr 2020 und hat eine Immobilie im Jahr 2015 gekauft.
Beim Kauf im Jahr 2015 hatte die Immobilie einen Wert von 500.000,00 € und zum Zeitpunkt des Ablebens einen Wert von 1.000.000,00 € (Top Lage in München).
Es ist hier ein Wertzuwachs von 500.000,00 € eingetreten.
Die latente Steuerlast wird errechnet wie folgt:
Wert zum Zeitpunkt des Erbfalls 1.000.000,00 € – Wert zum Zeitpunkt des Kaufs 500.000,00 €
Indirekter Gewinn: 500.000,00 €
Angenommener Steuersatz: 30 % = latente Steuerlast 150.000,00 €
Angenommen die Immobilie wäre der einzige Nachlassgegenstand, dann wäre auf der Aktivseite ein Wert von 1.000.000,00 € und auf der Passivseite ein Wert von 150.000,00 €, sodass der Nettonachlass 850.000,00 € und bei einem Pflichtteilsanspruch von ¼ dann der Pflichtteilsanspruch 212.500,00 € ist, statt wie oftmals fälschlicherweise gerechnet wird, ¼ aus 1.000.000,00 € = 250.000,00 €.
Der Unterschied mag ja im dargestellten Beispiel nicht beträchtlich sein, ist aber auf jeden Fall, wenn man denn eine Pflichtteilsberechnung richtig machen muss, mit einzubeziehen.
Kein Unterschied ergibt sich, wenn sich im Nachlass Aktien im Wert von 1.000.000,00 € befinden, die erst innerhalb von zwei Jahren gekauft worden sind und wenn der Kaufpreis 500.000,00 € ist.
Wenn allerdings bei Aktien der Kaufpreis höher war als zum Zeitpunkt des Ablebens ergibt sich kein indirekter Gewinn und somit auch keine latente Steuer.
Das Feld der latenten Steuer ist sehr groß.
Geradezu bei Landwirtschaften oder betrieblichen Unternehmungen muss dies jeweils auf das Exakteste berechnet werden.
Die Erbrechtskanzlei Eulberg & Ott-Eulberg vertritt seit Jahren, dass die latente Steuerlast mit zu berücksichtigen ist.