Umfang des Auskunftsanspruchs
Der Erbe ist gem. § 2314 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft über Höhe und Umfang des Nachlasses durch ein geschlossenes, übersichtlich zusammengestelltes Vermögensverzeichnis zu erteilen.
Mitzuteilen sind sämtliche Nachlassaktiva und -passiva zum Zeitpunkt des Erbfalls. Die einzelnen Nachlasspositionen müssen dabei unter Angabe der jeweiligen Eigentumsverhältnisse nach Anzahl, Art und wertbildenden Faktoren so aufgeführt werden, dass der Pflichtteilsberechtigte in die Lage versetzt wird, den Wert des jeweiligen Nachlassgegenstandes selbst oder mit sachverständiger Hilfe zu ermitteln. Anzugeben sind vom Erben auch solche Gegenstände, die dieser für wertlos hält. Dieser Umstand führt oftmals dazu, dass die Auskunft einen erheblichen Umfang haben kann, in dem eine exakte Aufstellung über Hausrat, Kleidung und Gebrauchsgegenstände des Alltags erfasst sind.
Erbrechtliche Spezialisten werden jedoch ihren Mandanten raten die Pflichtteilsansprüche geltend zu machen, dass ein derartiges Auskunftsverlangen unnütz ist.
Auskunft zu Schenkungen und Ausstattungen des Erblassers
Der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gem. § 2314 BGB erstreckt sich über den realen Nachlass zum Zeitpunkt des Erbfalls hinaus auf den sogenannten fiktiven Nachlass. Der Erbe muss also zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Auskunft auch unentgeltliche/teil entgeltliche Zuwendungen in das Nachlassverzeichnis aufnehmen:
- Schenkungen, die der Erblasser in seinen letzten zehn Lebensjahren getätigt hat.
- Schenkungen des Erblassers an seinen Ehegatten während der Ehezeit, also ohne zeitliche Begrenzung auf zehn Jahre
- Schenkungen des Erblassers, die unter Vorbehalt eines Nießbrauchs oder Wohnrechts erfolgten, wobei es keine Begrenzung auf die 10-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB gilt
- Ausstattungen ohne zeitliche Begrenzung
- Unentgeltliche Zuwendungen unter freiem Rückforderungsvorbehalt
Kein allgemeiner Anspruch auf Belegvorlage
Der Erbe muss über das Verzeichnis hinaus keine Belege wie Kontoauszüge, vorlegen oder dem Pflichtteilsberechtigten hierin einsehen lassen. Dies wird von der Rechtsprechung verneint.
Möchte der Pflichtteilsberechtigte die Angaben des Erben im Nachlassverzeichnis überprüfen, so kann er keine Belege einfordern, sondern kann nur – bei begründeten Zweifeln an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der erteilten Auskunft – die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (§ 261BGB) verlangen
Ist der Wert einzelner Nachlassgegenstände ungewiss, hat die Rechtsprechung einen Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Vorlage solcher Unterlagen anerkannt, die erforderlich sind, damit der Pflichtteilsberechtigte zur Berechnung des Pflichtteils den Wert dieses Nachlassgegenstandes selbst abschätzen kann.
Das OLG Köln hat sich in seinem Urteil vom 10.01.2014 der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung (BGH, LM § 260 Nr.1; BGH, NJW 1961, 601; BGH 1975, 258; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 454) angeschlossen, wonach der Wertermittlungsanspruch gem. § 2314 Abs. 1S. 2 BGB die Vorlage von Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie zugrunde liegender Geschäftsbücher für die fünf zurückliegenden Jahre vor dem Todestag des Erblassers dann umfasst, sofern zum Nachlass ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung gehört. Eine Vorlagepflicht besteht nach der Rechtsprechung (BGH, NJW 1961, 602) auch dann, wenn der Wert eines Grundstücks unklar ist.
- Der Pflichtteilsberechtigte kann selbst gem. §§12, 12 a GBO Einsicht in das Grundbuch nehmen und daraus Abschriften verlangen
- Der Pflichtteilsberechtigte kann gem. § 9 HGB Einsicht in das Handelsregister nehmen.
Der Pflichtteilsberechtigte hat gegenüber dem Erben keinerlei Ansprüche auf Vorlage von Kontoauszügen. Es steht sogar im Zweifel, dass der Erbe die § 33 Erbschaftsteueranzeige der Banken und Sparkassen vorlegen muss.
Zur Vereinfachung der Abwicklung von Pflichtteilsansprüchen sollten sich die jeweiligen Bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzleien auf den Austausch von Belegen in sinnvollem Rahmen verständigen.